Campus der Generationen – Zwischen Anspruch und Realität

Die Idee eines generationenübergreifenden Campus im Schöneberger Norden reicht bis ins Jahr 2016 zurück. Geplant war ein inklusiver Ort des Miteinanders mit sozialen Einrichtungen, bezahlbarem Wohnraum, Jugendhilfe, Familienberatung und Nachbarschaftsangeboten – verteilt auf zwei Grundstücke: Frobenstraße 27 und Kurmärkische Straße 1–3. Träger wie die outreach gGmbH („Villa Schöneberg“) und das Familienzentrum Kurmark sollten dort gemeinsam mit neuen Wohnangeboten für Menschen mit Unterstützungsbedarf wirken. Die Zustimmung zur Vision war groß – aus der Nachbarschaft ebenso wie von politischen Gremien.

Doch das Projekt erlebte Rückschläge. Die Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE stieg früh aus. Sie wurde auf Senatsverlangen durch die GEWOBAG ersetzt, wodurch das Bauvorhaben jahrelang verzögert wurde. Die GEWOBAG stellte Bedingungen, die der Bezirk nicht akzeptieren konnte. Seit 2022 liegt das Vorhaben in alleiniger Verantwortung des Bezirksamts. Sein Umfang wurde stark reduziert, der Wohnungsbau ebenso gestrichen wie der Campusteil in der Kurmärkischen Straße. Für das Gebäude in der Frobenstraße sind ausschließlich soziale Nutzungen vorgesehen.

Die aktuellen Planungen basieren auf einem Konzept aus dem Jahr 2021. Die geplanten Gesamtkosten liegen bei 12,8 Millionen Euro, davon 8,5 Millionen aus dem Förderprogramm „Sozialer Zusammenhalt“. Der Rest wird aus bezirklichen Investitionsmitteln finanziert. Die Mittel müssen bis Ende 2031 verausgabt sein.

Kritisch betrachtet wird vor allem die Reduzierung des Raumprogramms. Ursprünglich genutzte Flächen – wie etwa die rund 700 m² des Nachbarschaftszentrums – wurden deutlich verkleinert. Auch die umfassende Idee eines inklusiven Campus mit Wohnraum und offener Nachbarschaft scheint nicht mehr Teil des Projekts zu sein.

Die derzeit geplante Flächenverteilung sieht wie folgt aus:

EinrichtungGeplante Fläche (m²)
KJFE „Villa Schöneberg“1.020
Kinder- und Jugendgesundheitsdienst122
Eltern- und Familienberatung149
Nachbarschafts- und Familienzentrum278 (+ 66 Terrasse)
Stadtteilkoordination61

Ob dieser stark reduzierte Entwurf den vielfältigen Bedarfen im Kiez gerecht werden kann, ist sehr fraglich. Viele Fragen bleiben offen, etwa in welchem Maße die zukünftigen Nutzer:innen tatsächlich in die Ausgestaltung einbezogen werden. Das Bezirksamt spricht von Bedarfsabstimmungen, doch viele engagierte Akteur:innen vor Ort vermissen echte Beteiligungsmöglichkeiten und transparente Kommunikation. Auf Nachfragen in der BVV nach der Begründung für diese Aufteilung wurde von der Bezirksstadträtin Majewski nur allgemein auf Bedarfsanpassungen verwiesen. Ein Konzept ist nicht erkennbar.

Was bleibt, ist der entkernte Rumpf einer einst überzeugenden Vision. Der Campus der Generationen könnte noch immer ein wichtiger Ort für den sozialen Zusammenhalt im Quartier werden – wenn jetzt Transparenz, Beteiligung und Mut zur Nachsteuerung den weiteren Prozess bestimmen.

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